Wer Öko-Strom kauft, finanziert damit oft Atom- und Kohlekonzerne. Doch es gibt auch Label, die Orientierung bieten.
Einleitung
Öko-Strom ist ein gutes Geschäft mit dem guten Gewissen - für die Anbieter, aber auch für Vergleichsportale und Testveranstalter. "Ökostrom ist günstiger als viele glauben: Der folgende Ökostromanbieter-Preisvergleich hilft dir, schnell einen preiswerten Anbieter zu finden", wirbt die Seite utopia.de für einen Wechsel des Stromanbieters. Insgesamt 37 Stromanbieter hat das Deutsche Institut für Service-Qualität (Disq) im März 2019 getestet und stellt fest, "dass Verbraucher bei den Ökostromanbietern oft nicht nur einen besseren Service erhalten, sondern auch kundenfreundlichere Vertragsbedingungen". Die Zeitschrift Focus Money schreibt: "Die erneuerbaren Energien gewinnen weiter an Bedeutung. Die Auswahl an Tarifen wächst dadurch". Durch ihren großen Check will sie herausgefunden haben, "welche Unternehmen ihre Kunden mit Fairness überzeugen". Außerdem hat sie die zu den Atomkonzernen RWE bzw. E.ON gehörende Firma eprimo als "günstigsten Ökostromanbieter" ausgezeichnet. Die Deutsche Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV) ist überzeugt, dass ihre Studie zu insgesamt 205 Anbietern "eine wertvolle Hilfe bei der Überprüfung des eigenen Anbieters und bei einem möglichen Wechsel des Stromanbieters" ist.
Geprüfter Öko-Strom? Auszeichnungen für das zu RWE bzw. E.ON gehörende Unternehmen eprimo.
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Wer bei utopia.de nach einem günstigen Öko-Strom-Anbieter sucht, bekommt ein lange Liste von grünen Tarifen. Sie wird in Kooperation mit dem Vergleichs- und Maklerportal Check24 erstellt und utopia verdient Geld damit. "Links zu Bezugsquellen sind teilweise Affiliate-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös", heißt es im Kleingedruckten. Das Problem: Viele der Tarife, die zweifelsohne nachhaltig erzeugten Strom enthalten, werden von Firmen angeboten, die auch Atom- und Kohlestrom verkaufen. Direkt oder über die Angebote von Tochtergesellschaften landet das Geld von gutmeinenden Kunden sogar teilweise bei Atomkonzernen wie RWE, E.ON, EnBW, Vattenfall oder dem Schweizer Konzern Alpiq, der an den Atommeilern Gösgen und Leibstadt beteiligt ist. Selbst wer die Einstellung „nachhaltig“ aktiviert und dann ausschließlich Tarife angezeigt bekommt, die laut Utopia "gewisse Mindestkriterien erfüllen", entkommt den Atomkonzernen nicht. Denn die gewissen Mindestkriterien (welche das sind, bleibt unklar), schaffen Anbieter wie Susi-Energie, die mit EnBW verbunden ist, oder Energy4u und EnergieGut aus dem Reich von RWE bzw. E.ON nicht. Das gleiche kann Stromkunden passieren, wenn sie sich auf die Tests von Focus Money, dem Deutschen Institut für Servicequalität (Disq) oder der Deutschen Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV) verlassen.
Zumindest utopia.de weiß um die Problematik. Denn die der SPD-Medienholding dd_vg gehörende Seite rät: "Graustrom-Lobbyisten meiden: Nicht alle Ökostromanbieter in Vergleichs-Portalen sind wirklich öko. Unternehmen wie EnBW, Eon, RWE, Vattenfall, RWE (mit Tochterfirmen wie NaturStromPlus, Yello Strom, Eprimo ...) verdienen ihr Geld noch immer mit Kohle- und Atomstrom". Warum utopia.de dennoch Tarife solcher Firmen vermittelt und damit selbst Geld verdient, ist daher umso unverständlicher.
Verbraucher können kaum erkennen, ob grüner Strom auch von grünen Unternehmen stammt. Beispiel Lichtblick. Die Firma galt lange Zeit zu Recht als Öko-Strom-Pionier. Inzwischen gehört sie jedoch dem niederländischen Energieversorgungsunternehmen Eneco, das im Besitz von 61 niederländischen Gemeinden ist. Eneco seinerseits ist unter anderem an der Next Kraftwerke GmbH beteiligt, die auch mit Atom- und Kohlestrom handelt. Viel wichtiger noch: Eneco steht zum Verkauf, einer der aussichtsreichsten Käufer ist Shell. Spätestens, wenn der Ölkonzern den Zuschlag bekommt, dürfte Lichtblick-Strom für konsequente Öko-Kunden tabu sein.
Wie also kompromisslosen Öko-Strom finden? Die strengsten Anforderungen stellt derzeit ÖKO-TEST. Mit "sehr gut" bewertet das Magazin nur Tarife, die von einem der beiden anspruchsvollsten Label für Öko-Strom - Grüner Strom oder OK-Power - zertifiziert wurden. Sie garantieren unter anderem, dass die Anbieter laufend Geld in weitere Anlagen zur Erzeugung von Öko-Strom investieren und so immer mehr Öko-Strom auf den Markt kommt. Außerdem darf bei ÖKO-TEST weder der Anbieter selbst noch ein Unternehmen aus seinem Firmenverbund Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen (Kohle, Öl, Gas und Atom) verkaufen. Damit ist sichergestellt, dass das Geld nicht bei Kohle- und Atomwölfen im grünen Schafspelz landet.
Höchste Anforderungen: Die Label Grüner Strom und OK-Power garantieren Öko-Strom, der die Energiewende fördert. Ein entsprechendes Label für Stromanbieter gibt es noch nicht.
Fazit und Rat: Die Label Grüner Strom und OK-Power sind eine gute Basis. Darüber hinaus sollte man sich vom Anbieter bestätigen lassen, dass weder er selbst noch ein Unternehmen aus seinem Firmenverbund Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen (Kohle, Öl, Gas und Atom) verkauft.
utopia.de
utopia.de
"Grüner Strom ist oft günstiger als Graustrom vom alten Anbieter. Über unser Partner-Element kannst du direkt den Ökostromanbieter-Preisvergleich von Check24 nutzen", wirbt utopia.de. Wer das macht, bekommt eine Liste mit einem Sammelsurium von Tarifen. Viele werden von Atom- und Kohlekonzernen oder ihren Töchtern angeboten. Von solchen Tarifen rät Utopia explizit ab. Das hindert die der Medienholding der SPD dd_vg gehörende Seite aber nicht, solche Tarife zu vermitteln und daran zu verdienen. In die Preise der meisten Tarife sind zudem Boni eingerechnet, obwohl Utopia rät "Lass dich nicht von Bonus-Angeboten blenden". Für User, die das Ganze nicht so locker sehen sondern noch Utopien haben, hält Utopia eine "Bestenliste" von 16 Unternehmen bereit. So oder so: Auch an der Vermittlung der meisten Tarife auf dieser Liste verdient Utopia.
Der Öko-Strom-Anbieter Preisvergleich von Utopia/Check24
Mit 708,59 Euro im ersten Jahr ist der Grünstrom Easy von Grünwelt Energie im Modellfall (Zwei Personen-Haushalt, Wickenweg 98, 60433 Frankfurt, Jahresverbrauch 2.500 kWh) am günstigsten. Der teuerste der 89 ausgewiesenen Tarife, Fest Grün von Strogon, kostet 1.031,05 Euro im ersten Jahr. Die meisten Tarife stammen von Anbietern, die auch mit Kohle- und Atomstrom handeln oder wie der Schweizer Konzern Alpiq auf dem dritten Rang sogar an Atomkraftwerken beteiligt sind.
Die Utopia Bestenliste
disq.de
Deutsches Institut für Service-Qualität (Disq)
ÖKO-TEST
ÖKO-TEST
Update ÖKO-TEST
- wie ÖKO-TEST die Öffentlichkeit über das fasche Testergebnis informieren werde,
- wie man dafür sorgen werde, dass das falsche Testergebnis nicht weiter verbreitet wird, da sowohl das Spezial Energie 2018 wie das ÖKO-TEST-Magazin 12/2018 als Print wie als E-Paper weiterhin von ÖKO-TEST verkauft werden,
- wie man dafür sorgen wolle, dass Lichtblick die irreführende und verbrauchertäuschende Werbung einstellt?

Update Lichtblick
Update 7.1.2020
ÖKO-TEST korrigiert falsches Testergebnis nicht
Inzwischen wirbt Lichtblick nicht mehr mit dem falschen ÖKO-TEST Ergebnis und Label. Aber ÖKO-TEST weigert sich, eine Richtigstellung des Testergebnisses im Heft und auf der Internetseite zu veröffentlichen. Zur Begründung schreibt ÖKO-TEST Vorstand und Chefredakteur Hans Oppermann: Es „konnte keine Korrektur der Gesamtbewertung von Lichtblick von sehr gut auf befriedigend erfolgen, da wir uns jetzt und heute nicht imstande sehen, die Bedingungen, denen der Test unterlag, als Basis für eine aktuelle Bewertung zu setzen. Eine Korrektur unter diesen Bedingungen würde vielmehr auf einen bereits erfolgten Fehler einen weiteren Fehler aufsetzen“.
Wir haben Oppermann darauf hingewiesen, dass er selbst bestätigt hatte, dass ÖKO-TEST den Lichtblick-Tarif fälschlicher Weise mit „sehr gut“ statt korrekter Weise mit „befriedigend“ bewertet hatte. Denn der Öko-Strom-Pionier Lichtblick gehört dem niederländischen Energieversorgungsunternehmen Eneco, das im Besitz von 61 niederländischen Gemeinden ist. Etwa ein Drittel des Eneco-Stroms stammt aus konventionellen Quellen. Zudem ist Eneco unter anderem an der Next Kraftwerke GmbH beteiligt, die auch mit Atom- und Kohlestrom handelt.
Und genau das solle er den Lesern und User von ÖKO-TEST mitteilen. Denn nur so könne er die fortgesetzte Täuschung von Verbrauchern beenden. Doch wir nehmen an, schrieben wir Oppermann am 20.12.2019 weiter, „dass es eine Absprache mit Lichtblick gibt, das Problem so geräuschlos wie möglich aus der Welt zu schaffen. Denn eine Korrektur im ÖKO-TEST-Magazin und auf oekotest.de würde wahrscheinlich für so manchen Lichtblick-Kunden Anlass sein, zu einem Anbieter zu wechseln, der nicht im Konzernverbund mit Firmen ist, die an Kohle- und Atomstrom verdienen“.
Eine Antwort haben wir trotz der großzügig bemessenen Frist bis zum 6.1.2020 nicht bekommen.